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Die gestrige Sitzung am 27.01.2020 fand genau 75 Jahre nach Befreiung der noch Überlebenden des KZs Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee statt. In Ausschwitz wie in weiteren Vernichtungs- und sogenannten Arbeitslagern hatten die Nazis bis 1945 Millionen von Juden, Sinti und Roma sowie politischen Gefangenen umgebracht. Unmittelbar vor Beginn der Ratssitzung bat daher der Ratsvorsitzende Friedrich die Ratsvertreter*innen und die Gäste sich für eine Schweigeminute zu erheben.

In der Bürgerfragestunde wiesen zwei Elternvertreter auf die ihrer Meinung nach unzureichende Betreuungssituation in den Kitas hin – sie fühlten sich vom Rat nicht ernstgenommen. Während die Verwaltung darlegte, was angesichts der viel zu wenigen Erzieher*innen bundesweit alles in Langenhagen  unternommen werde, um angesichts der wachsenden Bevölkerung zumindest den bisherigen KiTa-Standard zu wahren, goss – wieder einmal – Ratsvertreter Eilers Öl ins Feuer. Er hatte zuvor auf durchsichtige Weise versucht, mit einem Antrag der Verwaltung vorzuwerfen, dass sie nichts für die Erzieherinnen tue. Der unmittelbar vor der Ratssitzung tagende Verwaltungsausschuss – wie auch vorher schon der Jugendhilfeausschuss sowie der Wirtschafts-, Finanz- und Personalausschuss - durchkreuzte Eilers Absicht. Der VA bat die Verwaltung eine Darstellung zur Situation im Erziehungsbereich zu erstellen, dieses auf der Grundlage einer schon 2015 erstellten Info-Drucksache, die dann im zuständigen Fachausschuss diskutiert werden kann. So kam Eilers Antrag im Rat nicht zur Abstimmung. Im Übrigen war es derselbe Ratsvertreter, der auf der Ratssitzung im Dezember 2019 – siehe meinen Ratssplitter Nr. 34 -  getönt hatte, „nicht alle (!) Verwaltungsangehörigen seien schlecht“. Diese Methoden der rechten Seite müssen wir in Langenhagen und anderswo leider immer mehr erdulden. Vordergründig werden Sorgen einer Bevölkerungsgruppe aufgegriffen, um gegen „die da oben“ zu hetzen – in diesem Fall gegen die Verwaltung und insbesondere den Bürgermeister, dem Eilers ominös ebenfalls in der letzten Ratssitzung noch ein Verfahren angedroht hatte.

Nun zu Erfreulichem:

Im Herbst letzten Jahres hatten verschiedene Ratsfraktionen und natürlich auch wir als DIE LINKE diverse Anträge erarbeitet, um konkrete Schritte für Klimaschutzmaßnahmen auch in Langenhagen zu erarbeiten, die dann umgehend umgesetzt werden sollten. Gut vorbereitet, gelang es in einer solidarischen Diskussion gemeinsam einen ersten grundsätzlichen Aufschlag für ein Klimapaket in Langenhagen zu erarbeiten: „Klima in Not – weltweit und auch in Langenhagen“. Die Antragsteller*innen: CDU, SPD, Grüne/Unabhängige, BBL und ich als LINKE. So einen breiten politischen Konsens gibt es auch nicht alle Tage.

Die Diskussion zu diesem 1. Klimaaufschlag bestimmte dann auch den Großteil der Ratssitzung.

Für die CDU führte Ratsherr Döhner aus, dass der Rat mit diesem ersten Klimaantrag auf dem richtigen Wege sei, es gebe aber noch viele dicke Bretter zu bohren, auch müsste nicht alles neu erfunden werden, aber wichtig sei jetzt eine rasche Umsetzung von konkretisierenden Maßnahmen.

Ratsherr Wolfgang Kuschel von der SPD wies zurecht darauf hin, dass die Gefahren für das Klima und deren Folgen schon mindestens seit den 70-ger Jahren bekannt seien, in den meisten Parteiprogrammen dazu auch viele richtige Dinge ständen, es aber mit der Umsetzung in der Praxis deutlich hapere. Mit dem nun angeschobenen Langenhagener Klimaschutzprogramm reihe sich die Stadt ein in eine internationale Initiative von Kommunen, die ebenfalls aktiv für den Klimaschutz eintreten. Seine Parteikollegin Elke Zach ergänzte in der späteren Diskussion, dass sie froh sei, dass die Fridays for Future-Bewegung uns ältere Politiker*innen ordentlich geweckt und auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam gemacht habe.

Ratsherr Balk von der FDP erklärte, dass er dem gemeinsamen Antrag nicht zustimmen könne. Es liege keine Notsituation vor – und wo in Langenhagen sei denn das Klima bedroht? Der Antrag sei Ausdruck einer allgemeinen Erregungswelle und letztlich würde es der Markt schon richten. Bezeichnenderweise erhielt er ausschließlich Beifall von der AfD – ob das Herrn Balk nicht doch etwas peinlich sein sollte?

Für die Grünen/Unabhängigen sprach zunächst Ratsherr Behrens. Als Mitautoren unterstützten sie den gemeinsamen Antrag, der Rat habe allerdings schon Ende 2010 ein engagiertes Klimaschutzprogramm verabschiedet, es wohl dann aber in den Folgejahren schlicht vergessen. Viele gute Ideen darin seien nicht umgesetzt worden. Das müsse diesmal anders sein, denn ein „weiter so“ in Sachen Klima dürfe es nicht geben. Dirk Musfeldt von den Grünen erklärte den Klimawandel u.a. über den Begriff „Allmende“, das als Gemeingut nichts koste und daher einfach so „verbraucht“ worden sei. Wirksame Klimaschutzmaßnahmen würden jedoch erheblich teuer, so dass wir uns auch überlegen müssten, wo wir an anderer Stelle einsparen.

Dr. Mommsen von der BBL begrüßte den vorliegenden Antrag und machte deutlich, dass weltweit bereits im Kyoto-Abkommen 1997 wichtige Klimaschutzprogramme fest verabredet wurden, aber nur zum geringen Teil umgesetzt wurden. Selbst der Erdöl- und Erdgas-Multi Exxon habe bereits 1982 eine Studie vorgelegt, die zu denselben Ergebnissen der Klimaerwärmung komme wie heutige Studien. … und wer der Wissenschaft nicht glaube, würde ja vielleicht der Wirtschaft glauben. Dr. Mommsen fordert explizit von Rat und Verwaltung Glaubwürdigkeit in Sachen Klimaschutz ein. So seien bei dem Bau der Wasserwelt Klimaauswirkungen nicht berücksichtigt worden, nachträgliche Energiesparmaßnahmen kämen teurer. Auch vermisse er nach wie vor eine Energiebilanz durch die EPL in Langenhagen.

Dann kam Ratsvertreter Dr. Kleber, als - nach seiner Aussage - einer von vielen Wissenschaftlern, die sich gegen die „Klimahysterie“ stellen. Greta Thunberg sei ein dummes Mädchen, das die Schule schwänze und von finsteren Wirtschaftskreisen finanziert werde, die menschengemachte CO2-Erzeugung würde die Temperatur nur um 0,5oC erhöhen, Solar- und Windkraftwerke seien schädlich für die Umwelt und man solle besser wieder auf Atomkraftwerke zurückgreifen, die Schweißtechnik sei ja so viel besser geworden. Ansonsten drohen Stromausfälle und finanzielle Milliardenverluste. Ratsvertreter Eilers applaudierte.

Und Eilers (WG AfL) legte noch eine Schippe drauf. Er radebrechte die Namen von Vulkanen herunter, die deutlich mehr CO2 ausstoßen würden als die gesamte Menschheit in 20 Jahren, folglich sei die ganze Klimaaufregung künstlich und insbesondere die LINKE Ratsfrau Felicitas Weck sei eine „Klima-Hysterikerin“. Aus Eilers Mund schon fast ein Lob, wenn auch ein vergiftetes. Und nach meiner Meinung sollte dieser Ratsvertreter mal für sich prüfen, ob er mit seinen rechten Positionen nicht besser in der AfD aufgehoben ist, auch wenn es bestimmt nicht mein Ziel ist, die AfD-Fraktion wieder zu vergrößern.

In meinem Redebeitrag habe ich meine große Zufriedenheit über den breiten politischen Konsens ausgedrückt, noch mal deutlich gemacht, dass nicht „nur“ eine Klimakatastrophe droht, sondern diese an vielen Orten der Welt bereits eingetreten ist (absaufende Inseln, Großbrände, mörderische Temperaturen). Auch den pseudowissenschaftlichen Klimaleugnern habe ich in gebührender Kürze die Meinung gegeigt und abschließend meine große Hoffnung geäußert, dass wir sehr schnell mit den bisherigen Antragsteller*innen über eine Konkretisierung des Langenhagener Klimaschutzprogrammes einig werden. Dazu liegen ja schon bereits 37 Anträge vor, davon 10 von uns LINKEN. Am Ende meines Redebeitrages habe ich noch Friedrich Engels von 1880 zitiert, der damals schon darauf hinwies, dass sich die Natur am Menschen rächt, wen diese ihr was antun. Danach gab es Beifall. Ob es an meinem Beitrag und/oder dem Engels-Zitat galt, lasse ich mal offen.

Die Abstimmung im Rat war dann eindeutig. Mit großer Mehrheit stimmte der Rat für den Antrag. Es gab lediglich 2 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen.

Und noch etwas Erfreuliches. Bereits nächste Woche wird die Gruppe der verschiedenen politischen Parteien, die schon den 1. Klima-Aufschlag erarbeitet haben, wieder zusammenkommen, um auch über die konkretisierenden Anträge zu beraten. Vielleicht können wir dann ja gemeinsam davon schon einen Großteil auf der Ratssitzung Ende Februar beschließen? … oder doch wenigstens im März?

Was gab es noch im Rat? Der LINKE Haushaltsantrag zur Erhöhung der Vergnügungssteuer (Spielgerätesteuer) auf das Niveau in der Region Hannover wurde nunmehr als Satzung beschlossen und meinen Antrag auf eine Live-Übertragung von Ratssitzungen über die diversen elektronischen Medien habe ich formal eingebracht; er geht jetzt seinen Weg über die Geschäftsordnungskommission wieder in den Rat. Von verschiedenen Seiten habe ich im Vorfeld bereits Zustimmung und von einer Seite auch energische Ablehnung signalisiert bekommen. Es bleibt also spannend!