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Haushaltberatungen dauern erfahrungsgemäß etwas länger und so war es fast 23 Uhr, als die gestrige Ratssitzung nach rd. 5 Stunden zu ihrem Ende kam. 

Doch die eigentlichen Haushaltsberatungen begannen erst um 19.15 – zuvor war mal wieder (!) der langatmige Auftritt von Dr. Mommsen, BBL, der der Verwaltung und insbesondere dem Bürgermeister und dem Stadtbaurat vorwarf, am Rat vorbei Baumaßnahmenbei der Feuerwehr Engelbostel/Schulenberg, im Dorfgemeinschaftshaus Krähenwinkel und bei der Hermann-Löns-Schule völlig überteuert durchgedrückt zu haben. Die Verwaltung habe ihre Kompetenzen überschritten und Bürgermeister Heuer müsse zurücktreten, so sein Plädoyer. Doch er fand erfreulicher Weise kaum Widerhall. Seine Anträge, die angesprochenen Vorlagen zurückzuweisen wurden mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich selbst hatte 6 Haushaltsanträge eingebracht – dazu später mehr. Traditionell beginnt die größte Fraktion – hier die SPD – mit ihrer Haushaltsrede und die Reihe endete bei mir als Einzelratsmitglied (alphabetisch wegen Weck). Das hat aber auch sein Gutes, so kann ich auch auf die Ausführungen meiner Vorredner (ja, es waren gestern mal wieder alles Männer) eingehen.

Dr. Köhler (SPD) machte zunächst darauf aufmerksam, dass in Langenhagen auf höchstem Niveau geklagt würde, die Stadt real praktisch schuldenfrei sei und er die diversen Sparpessimisten nicht verstehen könne. Gemeinsam mit der CDU und den Grünen/Unabhängigen hätten sie zudem einen Haushaltsbegleitantrag vorgelegt, der sich u.a. gegen betriebsbedingte Kündigungen ausspricht, 500 Mio. € für den Klimaschutz vorsieht (habt Ihr aus meinem schon Tage vorher eingereichten Haushaltsantrag abgeschrieben? Macht aber nix 😉), aber auch eine sehr sanfte Gewerbesteuererhöhung und eine weniger sanfte Grundsteuererhöhung vorsieht.

Ihm folgte Ratskollege Grabowsky von der CDU, der nach der weihnachtlichen Einleitung „Alle Jahre wieder“  zunächst mit ähnlichen Worten wie Dr. Köhler den gemeinsamen Haushaltsantrag vorstellte und dann den ergänzenden CDU-Begleitantrag stellte, der aus vielen Prüfanträgen an die Verwaltung bestand; u.a. eine „vorsichtige Randbebauung““ der Rieselfelder vorsah – unsere „Grüne Lunge“ in Langenhagen neben dem Eichenpark. Das (und einiges andere auch) geht gar nicht und der Rat hat diesen Antrag bei der späteren Abstimmung auch mehrheitlich abgelehnt.

Mit meinem Antrag zur Anhebung der Vergnügungssteuer auf Regionsniveau könne sich die CDU aber anfreunden, so Grabowsky, und tatsächlich, dieser bekam bei der späteren Abstimmung auch eine deutliche Mehrheit.

Dirk Musfeldt von den Grünen malte ein sehr düsteres Bild von der finanziellen Zukunft Langenhagens und forderte insbesondere bei den Investitionen das Motto: „Kürzen, Streichen, Strecken“ ein. Er plädierte für ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept, mit dem im Frühjahr 2020 alle geplanten Investitionen auf den Prüfstand gehören.

Der einzige im Rat anwesende AfD-ler (von ehemals 5) Achim Hinz sprach sich gegen den 500.000 € Antrag für den Klimaschutz aus. Man solle nicht Fridays for Future fördern, sondern lieber den Schützenverein.

Ratskollege Balk von der FDP argumentierte ähnlich wie Dirk Musfeldt und warnte davor, die ansässigen Firmen mit höheren Gewerbesteuern zu erschrecken.

Andreas Eilers von der WG-AfL sieht den finanziellen Sturm auf die Stadt zukommen, nicht alle (hört-hört) Mitarbeiter der Stadt seien schlecht, es gebe aber ein großes Problem in der Verwaltungsführung und er deutete nebulös ein für den Januar 2020 terminiertes dienstrechtliches Verfahren gegen den Bürgermeister an, aber er wolle jetzt damit nicht die weihnachtliche Stimmung trüben.

Dann gab es eine knappe Stunde Dr. Mommsen, gefühlt war es deutlich mehr. Die BBL übernehme als einzige Fraktion Verantwortung für die Finanzen der Stadt, 200 Mitarbeiter (..innen kennt er nicht) müssten abgebaut werden. Als ich seinen Vorschlag in meinem folgenden Redebeitrag als Existenzbedrohung für die Mitarbeiter*innen bezeichnete, konterte er, die Betroffenen würden sicherlich in anderen Kommunen eine Anstellung finden. An der schlechten Finanzlage sei vor allem der Bürgermeister schuld – ist er bei Mommsen immer – und Bürgermeister Heuer solle doch zusätzlich noch das Sozialdezernat übernehmen, damit ein zusätzlicher Finanzdezernent eingestellt werden könne. In Bezug auf die Anhebung der Gewerbesteuer mahnte er düstere Zeiten an, man könne sich fast wünschen, dass mal einer der 8 großen Gewerbesteuerzahler aus Langenhagen abspringe, dann sähe der Rat Langenhagen mal, was sie da anrichten würden. Doch einmal – aber eben nur einmal - gab es spontan parteiübergreifend großen Beifall, als Dr. Mommsen seinen Satz begann mit: „Ich komme jetzt zum Schluss...“

Zum Abschluss war ich an der Reihe – mein Redebeitrag findet sich hier. Besonders wichtig war es mir, gleich zu Beginn den Mitarbeiter*innen der Verwaltung für die geleistete Arbeit zu danken. Ich habe auf die im Kommunenvergleich hervorragende finanzielle Lage von Langenhagen hingewiesen, meinen Antrag zu einer maßvollen Erhöhung der Gewerbesteuer vorgestellt, die dann später beschlossene Vergnügungssteuererhöhung initiiert und mich gegen die von CDU, SPD und Grünen beantragte Grundsteuererhöhung gewandt, weil diese leider immer noch auf die Mieter*innen umgelegt wird. Ich gab meiner Freude Ausdruck, dass das genannte Dreier-Haushaltsbündnis die auch von mir beantragten zusätzlichen 500 Mio. € für effektive Klimaschutzmaßnahmen in ihrem Maßnahmenpaket haben, forderte in einem weiteren Finanzantrag die Einführung einer Wettbürosteuer, wie sie vor Wochen auch der Rat der Landeshauptstadt Hannover mit großer Mehrheit beschlossen hatte und ging auf einige Änderungswünsche meinerseits an die 2. Änderungsliste der Verwaltung ein. Abschließend appellierte ich an meine Ratskolleg*innen als Zeichen ehrlichen Sparwillens auch die Höhe unserer Aufwandsentschädigungen im Rat zu reduzieren.

Dann kam die 2. Runde und offensichtlich musste ich mehrfach ins Schwarze getroffen haben, denn die Nachfolgeredner (wieder alles nur Männer) „schossen“ sich auf mich ein. Dr. Köhler: Meine Forderung nach Kürzung der Aufwandsentschädigung sei ein Zeichen von Links- und Rechtspopulismus. Das sei doch zudem bisher immer als fraktionsübergreifende Initiative im Geschäftsführungsausschuss behandelt worden und nicht einfach mal so als Antrag an den Rat üblich.

Genau! Das haben wir immer schon so gemacht! Punktum…

Dirk Musfeldt meinte mich belehren zu müssen, dass ich von Haushaltsfinanzen keine Ahnung hätte, weil ich mich bei der derzeitigen Zins-Situation für eine Schuldenaufnahme für notwendige Investitionen ausgesprochen hätte. Minuszinsen würden zudem nur für sehr kurzfristige Kredite gelten und überhaupt würden mit der Aufnahme von Krediten doch nur die Banken bereichert und so würde ausgerechnet von der Linken eine unsoziale Politik und eine Verteilung von „unten nach oben befördert. Lieber Dirk, schau mal nach bei der Kommunalen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – die sind im Moment (Stand 17.12.19) bei 0,45 % für einen Kommunalkredit mit Laufzeit und Zinsbindung von 20 Jahren und kündigen für nächstes Jahr tatsächlich Negativzinsen – oder ggf. einen Tilgungszuschuss an. Siehe beispielsweise hier. … und eine nur unzureichende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen ist meines Erachtens sehr viel unsozialer als sich von der KfW über Kommunalkredite helfen zu lassen.

Dr. Mommsen warf mir „linke Sprüche“ vor und ging mit mir hart ins Gericht, weil ich mit der von mir beantragten Wettbürosteuer doch einen großen Gönner der Stadt, den „Eigentümer“ der Rennbahn Auf der Bult treffen würde. Selbiger Herr ist nach meiner Auffassung a) nicht Eigentümer der Rennbahn, sondern Präsident des Hannoverschen Rennvereins e. V. (der nach meiner Kenntnis wiederum Eigentümer der Rennbahn ist – aber vielleicht irre ich ja auch?) und b) u.a. vielfacher Immobilienmillionär, der die Wettbürosteuer wahrscheinlich gar nicht merken würde, die zudem ja auch auf die Wetter*innen umgelegt werden könnte. Für mich hat das schon ein kleines Geschmäckle, wenn so unverfroren für einen einflussreichen Unternehmer Partei ergriffen wird. Aber immerhin, er hat sich wenigstens getraut... Die anderen Fraktionen haben meinem Vorschlag der Wettbürosteuer kommentarlos abgelehnt und dafür lieber die Grundsteuer erhöht.

Bei den abschließenden Haushaltsabstimmungen fielen die Mommsenschen betriebsbedingten Kündigungen sowie seine restlichen Grausamkeiten glatt durch, eine maßvolle Erhöhung der Gewerbesteuer wurde beschlossen ebenso wie „meine“ Vergnügungssteuer und die Mittel für den Klimaschutz. Lediglich die Anhebung der Grundsteuer wirft einen Schatten auf einen halbwegs akzeptablen Haushalt 2020, dem ich letztendlich aber auch zustimmen konnte.

Dem anschließenden Weihnachtsumtrunk im Rat konnte/musste ich entfliehen, da ich bereits heute um 5.30 Uhr wieder aufstehen und zu meinem Arbeitsplatz nach Berlin fahren musste.