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Ich hatte mir zu Beginn der Ratssitzung Sorgen gemacht, dass ich ggf. nicht genügend Stoff für meinen Blog bekomme. Doch der Rat Langenhagen ist da zuverlässig und lässt mich nicht im Stich. Sorgen hatte auch die Presse: „Wie soll ich das meinen Bürgern erklären?“ wurde dort laut gedacht. 

Die Einwohnerfragestunde wurde von einer Bürgerin aus Engelbostel dazu genutzt eine Unterschriftensammlung zu überreichen, die sich für den Erhalt des Feuerlöschteichs in Engelbostel einsetzt. Ein durchaus berechtigtes Anliegen, hatte doch der Finanz-, Wirtschafts- und Personalausschuss im Dezember den Antrag des Ortsrates auf „Umgestaltung des Feuerlöschteichs“ mal schnell und ohne Rücksprache in „… Planung der Verfüllung und Umgestaltung der Grünfläche“ umgewidmet. Ich hatte damals schon so eine Ahnung, dass das bei den Einwohner*innen nicht so gut ankommt, aber ich habe dort ja kein Stimmrecht.

Die Ratssitzung hätte eigentlich flott über die Bühne gehen können. Das dachte ich mir jedenfalls bei der Vorbereitung auf die Sitzung. Am Anfang ein ordentlicher Schwung Formalia, der durch den Übertritt von Ex-AfDler Marc Alexander Hinz und dem Ex-BBLer Dominic Veltrup zur CDU-Fraktion/Gruppe notwendig war und dann noch so dies und das. Politisch hat der Übergang eines AfDlers zur CDU ja ein derbes Geschmäckle, aber rechtlich war da m.E. wenig zu beanstanden, alle Drucksachen waren von der Verwaltung entsprechend vorbereitet und zeitlich korrekt eingebracht. Abstimmen und weiter im Text…

Weit gefehlt! Den Aufschwung machte Dr. Mommsen - wohl immer noch leicht aufgebracht über den Verlust seines Fraktionskollegen - und sprach von einem politischen Erdbeben für Langenhagen. Da Dr. Mommsen immer gut in Verschwörungstheorie ist, war auch relativ schnell klar, wer das alles in weitsichtiger Manier wohl vorbereitet und durchgeführt hat: Der Bürgermeister natürlich, damit er endlich über eine klare Mehrheit verfügt und tun kann was er will, und da sei sich die CDU dann auch nicht zu schade um mit der AfD zusammenzuarbeiten. Dr Mommsen zählte dann weiterhin auf, was an den Drucksachen alles rechtswidrig sei, warnte den Rat den Drucksachen zuzustimmen und schaffte es zu meiner Verwunderung dann doch tatsächlich, die Mehrheit im Rat zu verunsichern. Nach einigen Geschäftsordnungsvorschlägen und –debatten beschloss der Rat, die entsprechenden Drucksachen noch nicht zu beschließen, sondern die Verwaltung noch mal prüfen zu lassen, ob sie denn korrekt gearbeitet habe. Am Ende der Sitzungen seien sie dann noch mal aufzurufen. Damit hatten wir dann schon mal mehr als die erste Stunde rumbekommen.

Auch die folgende Abstimmung (fast) ohne Diskussion zur schon in der Sitzung davor beschlossenen Haushaltssatzung brachte eine kleine Überraschung: Hatte der Rat diesen Haushalt in der Dezembersitzung mit 22 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 16 Enthaltungen beschlossen, wurde nun die gleiche Satzung mit den eingearbeiteten und im Dezember beschlossenen Änderungen ganz einvernehmlich von allen mit „Ja“ bedacht. Mit großer Mehrheit wurde dann auch die Verwaltungsvorlage zur Festlegung der Zügigkeit der weiterführenden Schulen beschlossen sowie die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an Herrn Ernst Müller.

Leider hielt sich diese einvernehmliche Stimmung nicht. Der Antrag der CDU für den Bau einer Sporthalle in Engelbostel wurde debattiert und bekam am Ende keine Mehrheit. Ich habe mich in diesem Fall der Stimme enthalten, denn eigentlich bin ich sehr dafür auch in sportliche „Bildung“ zu investieren. Ich hätte mir gewünscht, die CDU hätte diesen Antrag erstmal zurückgestellt, um noch einiges zu klären, beispielsweise, ob und wie der MTV Engelbostel sich an den Kosten für den Hallenbau beteiligt.

Und das dicke Ende kam zum Schluss bei der Behandlung der verschobenen Drucksachen zur neuen Gruppenbildung. Die Verwaltung führte aus, dass alles seine Richtigkeit habe und eigentlich hätte es jetzt ganz schnell gehen können – eigentlich… Durch die Stimmenverschiebung im Rat mussten auch die stellvertretenden Bürgermeister*innen neu gewählt werden. Die Verwaltung hatte zwei Varianten erarbeitet: a) alles bleibt, wie es ist. Bestätigung per Stimmkarte, fertig. b) Neuwahl von Vorschlägen. Variante a) wäre nur einvernehmlich möglich gewesen. Und es kam wie es kommen musste. Dr. Mommsen intervenierte und wir stiegen in die Wahl der Vorschläge für die stellvertretenden Bürgermeister*innen ein. Vorgeschlagen wurden – wen wunderts – die bisherigen Bürgermeister*innen, Willi Minne, Ulrike Jagau und Bernhard Döhner. Wie schön, wenn wir doch Variante a) genommen hätten, dann wären wir jetzt schon fertig gewesen. Ich mag das darauf folgende Chaos nicht wirklich ausführlich beschreiben, nur so viel: Irritationen über den Stimmzettel, - geht kumulieren? – muntere Diskussion über das Abstimmungsverfahren - Neudruck Stimmzettel, zeitraubende geheime Wahl (37 abgegebene Stimmzettel, 3 davon ungültig):  Jagau 35 Stimmen, Minne 30 Stimmen und Döhner 22) und da ich parteitagserfahren einen Blick dafür habe: die Wahlkommission hatte sich leider verzählt. Nach erneuter Auszählung wurde klar, dass Bernhard Döhner mit jetzt 21 Stimmen nicht die notwendige Mehrheit hatte – 2. Wahlgang, bei dem dann 22 Stimmen für Döhner abgegeben wurden. Dass dabei der Verwaltungsdrucker in den Streik ging und die Verwaltung schon mal vorsorglich einen handschriftlichen Wahlzettel vorbereitete und die schon in den Feierabend gegangene Presse zurück geholt werden musste, passte zur Situationskomik.

Aber eigentlich ist das ja gar nicht komisch. Bei diesem Abstimmungsergebnis muss mensch sich fragen, wer da wem und warum eine reinhauen wollte, geht ja immer prima bei geheimen Wahlen. Ich bin sicher, hätten wir die Variante a) offen abgestimmt, wären die drei stellvertretenden Bürgermeister*innen mit sehr großer Mehrheit bestätigt worden. „Pampers-Truppe“ murmelte ein CDU-Ratsmitglied, als er an mir vorbei ging. Recht hat er!