Auf Antrag der Linken wird Langenhagen „Seebrücke-Stadt“ und erklärt sich bereit weitere Geflüchtete aufzunehmen, denn wir haben Platz! Zusätzliche Ortsratsgremien in der Kernstadt Langenhagen wird es nicht geben und eine neue Schiedsfrau und ein Schiedsmann wurden gewählt.

32 Tagesordnungspunkte umfasste die Sitzung und unser linker Antrag „Wir haben Platz“, dass Langenhagen auch anlässlich der Katastrophe in Moria weitere Geflüchtete aufnehmen solle, stand auf TOP 28.

Bei der Tagesordnungsdebatte beantragte ich daher diesen TOP deutlich vorzuziehen – auf TOP 11, weil ich schon ahnte, dass es hinten zeitlich sehr eng würde. Der Rat stimmte dem zu – der AFD-Antrag, unseren Antrag gar nicht zu befassen, erhielt nur ihre 2 Stimmen.

Bei der Einbringung des linken Antrages zur Unterstützung der Geflüchteten durch die Stadt Langenhagen zeigte ich die wahren Fluchtursachen wie Kriege, tödliche Hitze sowie Wasser- und Nahrungsmittelmangel auf und verwies auf die Mitverantwortung der westlichen Industriestaaten. Hier kann mein Redebeitrag gelesen werden.

Als erster in der Debatte meldete sich FDP-Ratsherr Balk, der zuvor für 10-jährige Ratsmitgliedschaft geehrt wurde. Ich gratuliere ebenfalls; auch wenn mich seine Äußerungen zu unserem Antrag wenig erfreuten. In gesetzten Worten erklärte er, dass unser Antrag viel zu komplex sei, mit der Seebrücke-Aktion habe er Schwierigkeiten, Kommunen könnten kein Bundeshandeln ersetzen und wenn eine Aufnahme von Geflüchteten, dann nur für die mit abgeschlossenen Asylverfahren. Er werde daher gegen unseren Antrag stimmen.

Herr Veltrup sprach für die CDU, führte aus, wie unendlich traurig ihn die Situation der Geflüchteten und die Geschehnisse in Moria machten, er aber die EU in der Pflicht sehe zu handeln. Das wäre keine Aufgabe der Kommune. Die CDU werde daher den Antrag ebenfalls ablehnen.

Herr Eilers von der WG-AfL, der bereits im Vorfeld in den sozialen Medien bezweifelt hatte, „dass wir Platz haben“, warf mir vor, die Moralkeule ausgepackt zu haben und damit die Sachlichkeit der Diskussion zu verhindern. Er verwehrte sich gegen die deutsche Mitverantwortung für die Fluchtursachen und zitierte den CDU-Möchtegern-Vorsitzenden Merz, dass es nicht gehe, wenn jede Kommune Asylpolitik mache.

Für die AFD lobte Ratsvertreter Hinz seine Vorredner und zitierte das auf AfD-Kanälen kursierende angebliche Zitat des Journalisten Peter Scholl-Latour: „Wer halb Kalkutta aufnimmt, rettet nicht Kalkutta, sondern wird selbst zu Kalkutta.“ Viel mehr fiel ihm aber auch nicht ein. Kein Kommentar meinerseits zu dieser Menschenfeindlichkeit.

Ratsvertreter Wolfgang Kuschel platzte angesichts der Äußerungen der Vorredner bildlich der Kragen. In einer sehr engagierten Rede verwies er auf die im Grundgesetz und der UN festgeschriebenen unveränderbaren menschlichen Grundrechte. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ heißt es in unserem Grundgesetz; daher sei angesichts der katastrophalen Situation der Geflüchteten tätiges Handeln erforderlich. Er lobte die Humanität von Kanzlerin Merkel im Jahr 2015 und verwies als negatives Beispiel auf geflüchtete Deutsche aus Nazideutschland, die beispielsweise in den USA und an der Schweizer Grenze abgewiesen worden waren. Danke Wolfgang für diesen Redebeitrag!

Damit war wohl alles gesagt. Grüne/Unabhängige und BBL äußerten sich nicht zu dem Thema, stimmten aber dem Linken Antrag zu, der dann mit 19:16 eine knappe, aber ausreichende Mehrheit erhielt. Langenhagen ist damit neben rund 180 bundesdeutschen Kommunen eine weitere Kommune, die sich bereit erklärt hat, zusätzliche Geflüchtete aufzunehmen. Wir alle sollten auf unsere Stadt stolz sein.

Gewählt wurden in geheimer Wahl die neuen Schiedspersonen für Langenhagen-Nord (Frau Dr. Neumann mit 34 Stimmen) und Langenhagen Süd (Herr Dobewall mit 28 Stimmen). Als ausgebildete Mediatorin und Klärungshelferin hatte auch ich für den Südbereich kandidiert und erhielt 6 Stimmen. Ich gratuliere beiden Gewählten und verteidigte mein Prinzip, bei Tagesordnungspunkten, die einen selbst betreffen, weder an der Beratung noch an der Wahl teilzunehmen, obwohl es rein rechtlich wohl möglich gewesen wäre.

Alle, die für dieses Amt kandidiert hatten, erhielten aber von Bürgermeister Heuer ein Glas spezifischen Langenhagener Honig. Danke! (Und da Bienen einen Flugradius von rund 3 km haben, könnte ich mir vorstellen, dass sich auch gerade einige Rathausbienen bei uns in der Efeublüte rumtreiben, da ist nämlich richtig was los.)

Ein weiteres Thema war der bereits 2017 mit knapper Mehrheit im Rat beschlossene Antrag, , ob 2 oder 3 zusätzliche Ortschaften in der Kernstadt mit zugehörigen Ortsräten geschaffen werden sollen. Aus meiner Sicht tragen zusätzliche Ortsräte in der Kernstadt kaum zu einer besseren Einbindung der Bevölkerung in die Kommunalpolitik bei, das habe ich auch schon bei der Beratung im Jahr 2017 gesagt. Sie verursachen aber zusätzliche Kosten, die für soziale Zwecke deutlich besser angelegt wären. Die CDU und insbesondere Ratsherr Behrens von den Unabhängigen machten sich für zusätzliche Ortschaften stark. Ihr Ansinnen scheiterte aber mit 22:13 deutlich. Somit wird es keine weiteren Ortsräte in der Kernstadt Langenhagen geben. Ich bin ja nach wie vor der Meinung, dass wir unsere Einwohner*innen beispielsweise mit der Übertragung der Sitzungen ins Wohnzimmer deutlich besser einbinden könnten. Aber damit bin ich ja schon zweimal gescheitert, macht nix – versuche ich weiter.

Und nach dem TOP 13 schon waren mehr als 3 Stunden rum, was in Langenhagen ja schon fast Routine ist. Etliche Zuhörer*innen, leider auch die Presse, hatten die Ratssitzung nach der Abstimmung über den Antrag "Wir haben Platz" schon verlassen. Aus meiner Sicht gibt es im Zeitmanagement unserer Ratssitzungen erheblichen Verbesserungsbedarf. So appelliere ich hier an die BBL, nicht fast jede Ratssitzungen mit Anfragen zu verlängern, die dann zu Beginn der Ratssitzung beantwortet werden müssen - wenn dies im Einzelfall politisch auch rechtlich zulässig ist und aus Sicht der BBL politisch nötig sein mag. Viele Anfragen können aber auch als schriftliche Anfragen gestellt werden und sind dann für alle Ratsvertreter*innen und Einwohner*innen im öffentlichen Ratsinformationssystem nachlesbar. Auch die durchgeführte Befragung der Kandidatinnen für das Amt der Schiedsperson und die nachfolgende Wahl war zeitraubend. Da die Befragung rechtlich nichtöffentlich stattfinden muss, hätte dies auch in einer nichtöffentlichen Sitzung vor Beginn der öffentlichen Ratssitzung stattfinden können. So braucht mensch sich nicht zu wundern, wenn etliche Zuschauer*innen, aber leider auch die Presse vor Ende der Ratssitzung vorzeitig gehen. Last but not least sollte auch die Ratsvorsitzende die Ratssitzung besser vorbereiten, stringent leiten und nicht durch eigene Bemerkungen verlängern. Ich schließe mich den Ausführungen von Elke Zach (SPD) am Ende der gestrigen Ratssitzung an: „Wenn wir auf das Motto verzichten würden, es ist alles schon gesagt, nur noch nicht von mir, würden wir viel Zeit sparen, die wir für inhaltliche Diskussionen und Beschlüsse im Rat deutlich besser nutzen könnten.“

Und morgen, Mittwoch, den 23.09.2020 geht es ab 18.15 wieder in der Aula des Schulzentrums weiter.